Seit September 2013 besteht unsere Kooperation zu der Tier-hilft-Mensch-Stiftung. Wir haben gerne die lange Fahrt von über 35 Minuten in Kauf genommen, um die Vielfalt des Bauernhofs kennenzulernen und den Kindern neue Einblicke zu verschaffen. Unsere Erwartungen, wie auch die Erwartungen der Kinder, wurden bei Weitem übertroffen. Bereits bei unserem ersten Besuch wurden wir herzlich empfangen. Uns wurden die Regeln des Hofs erklärt und wir konnten schnell feststellen, dass es dort deutlich mehr Möglichkeiten gab, als wir angenommen hatten.
Anfangs fiel es einigen Kindern nicht leicht, einen vernünftigen Umgang mit den Tieren zu entwickeln. H. beispielsweise war sehr hektisch und aggressiv im Umgang mit den Tieren und wollte stets seinen Willen durchsetzen, alle Tiere auf dem Arm zu nehmen, ohne zu berücksichtigen, dass diese das eventuell nicht wollten. Es fehlte die Fähigkeit, sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen und diese mit Respekt zu behandeln. E. hingegen hatte ein enormes Redebedürfnis. Andere durch Zuhö-ren wahrzunehmen und deren Bedürfnis, sich ebenfalls zu äußern akzeptierte sie nur schwer. K. hat sich unter seiner Kleidung versteckt, sein Gesicht verdeckt und hatte große Berührungsängste zu den Menschen. Später hat K. diese Ängste abgebaut und Vertrauen zu den Menschen gefasst. M. fiel es besonders schwer, rücksichtsvoll mit seinen Mitmenschen umzugehen. Er schmiss Dinge seiner Mitschüler durch die Gegend um machte sich über andere Kinder lustig oder beleidigte sie.
Wir wurden jedes Mal äußerst herzlich von Annette, Jeannie, Anette, Uschi, Egbert und Herrn Hildebrandt empfangen. Auch, wenn die Kinder bereits bei der Ankunft das eine oder andere Mal schon recht aufgedreht waren, änderte dies nichts an der Freundlichkeit und Geduld der Mitarbeiter. Begonnen haben wir immer mit einer kurzen Begrüßungsrunde, bei der wir mit Getränken und Obst verwöhnt wurden. In dieser Runde wurde der Ablauf des Besuchs geplant und festgestellt, ob die passende Kleidung vorhanden war. Haben Schuhe oder Jacken gefehlt, haben die Mitarbeiter nicht gezögert, uns die fehlende Ausrüstung zu leihen. Das haben wir immer sehr geschätzt.
Sobald alle Fragen geklärt und alle Kinder versorgt waren, ging es stets mit dem Arbeiten auf dem Hof los. Die Kinder haben sich für das folgende Vergnügen revangiert, indem sie die Ställe der Gänse, Schafe, Pferde, Kaninchen oder Esel ausgemistet, Auslaufbereiche gepflegt, Unkraut gezupft oder Schweine gebürstet haben. Besonders bei dem Entfernen der Algen aus einem kleinen Bach haben sie viel Einsatz gezeigt, indem sie ins Wasser treten und die Algen fischen mussten. Dass die Algen gleichzeitig auch als Leckerei für die Hühner dienten, hat die Kinder sehr stolz gemacht. Beachtenswert war, dass die Kinder immer Unterstützung durch die helfen Mitarbeiter hatten, die beispielsweise selbst mit nackten Füßen im Wasser standen. Auffällig war das stetige Interesse der Kinder an den Hühnern. Sie wollten bei jedem Besuch nachsehen, ob Eier gelegt wurden und diese sammeln. Bei einem Besuch wurde den Kindern ermöglicht, ein Huhn auf den Arm zu nehmen. Jeannie hat den Kindern gezeigt, wie die Hühner gehalten werden und dass es wichtig sei, dass nur Hühner gehalten würden, die von sich aus auf die Menschen zugehen. Sie fragte, wer das Huhn einmal vorsichtig halten möchte und gab es vorsichtig an das entsprechende Kind weiter. Die Freude darüber war in den Augen der Kinder ablesbar.
Nach der Arbeit gingen wir zum zweiten Teil des Besuchs über: Dem Kontakt zum Tier. Beispielsweise wurden die Schweine „Murphy“ und „Schorse“ gebürstet, was diese sichtlich genossen. G. dachte, der Stall, der sehr matschig war, sei „voller Kacke“. Annette erklärte ihm ruhig, dass dies bloß Schlamm sei und die Schweine ausschließlich eine Ecke des Stalles nutzten, um sich zu erleichtern. „Ach so“, stellte G. erstaunt fest, „Sie sind also sauber?“. Diese Situation zeigt deutlich, dass die Kinder ihre Vorurteile gegenüber den Tieren oft korrigiert und viel Neues auf dem Hof gelernt haben. Auch mit dem Hund haben die Kinder gerne Zeit verbracht. Sie haben gelernt, dass Hunde eine ganz andere Sprache sprechen, als Menschen, welche sie auf dem Hof in einem „Tiersprachkurs“ erlernt haben. Sie sollten lernen, die Körpersprache des Hundes zu deuten und in die „Sprache des Menschen“ zu übersetzen. Des Weiteren lernten die Kinder, dass Tiere eine ruhige Atmosphäre benötigen, denn andernfalls gehen sie weg oder werden aggressiv. Der Hund signalisiert über seine Körperhaltung, dass es ihm gut geht, er in Ruhe gelassen werden möchte oder spielen will, das war den Kindern am Ende dieses Besuchs klar. Über den Hund konnten sie lernen, diese Bedürfnisse von sich und auch von anderen wahrzunehmen und zu respektieren, denn auch Menschen äußern diese Bedürfnisse.
Immer wieder wurde deutlich, dass die Kinder bereit sind, sich ihren Grenzen zu stellen. Bei der Eselpflege waren sie mutig genug, die Füße der Esel anzuheben und die Hufe auszukratzen. Sie hatten anfangs Angst vor den im Vergleich zu den Kindern großen Tieren, doch diese Angst bauten sie im Laufe des Tages ab. Am Ende massierten sie den Eseln die Ohren, um ihnen etwas Gutes zu tun. Ähnlich verhielt es sich bei A. und den Hühnern: Obwohl er sich vor ihnen fürchtete, trat er vorsichtig mit ihnen in Kontakt.
Am Ende unserer Besuche fand jedes Mal eine kurze Abschlussrunde statt. Jedes Kind durfte sagen, was ihm gut gefallen hat und einen Wunsch für die nächste Woche äußern. Oft hat den Kindern vor allem die Arbeit zu Beginn des Besuchs gefallen, obwohl sie sich anfangs über die Aufgaben beschwert haben. „Am schönsten fand ich, den Eselstall sauber zu machen“, kam beispielsweise von L., die in ihrem Alltag nicht mit Aufgaben dieser Art in Berührung kommt und somit der Aufgabe eher vorsichtig gegenüber stand. Unsere Wünsche wurden fast immer in der kommenden Woche realisiert, was zeigt, dass die Kinder an dem Hof ernst genommen werden. Dies ist im Leben der Kinder nicht selbstverständlich und somit war die Erfahrung, ernst genommen zu werden, pädagogisch sehr wertvoll. Besonders schön war es für die Kinder, als der Wunsch, zu reiten, erfüllt wurde. Für die Kinder war es ein ganz besonderes Gefühl, sich auf den Rücken des Pferdes zu legen, den Bauch oder das Herz abzuhören oder es zu pflegen. Es war Vertrauen an das Pferd nötig, das einige Kinder erst aufbauen mussten. Für einige Kinder war das Reiten immer wieder ein Highlight, für andere war es eher eine Herausforderung. Das Team des Hofs hat sich in jedem Fall immer wieder gerne die Arbeit gemacht, ein Pferd für uns bereitzustellen.
Nach einer fast zweijährigen Zusammenarbeit können wir bestätigen, dass die Tier-hilft-Mensch Stiftung das Sozialverhalten der Kinder fördert. Zum einen konnten die Kinder Ängste abbauen, indem sie sich Herausforderungen stellten. Des Weiteren stieg das Selbstwertgefühl mit der Zeit, da die Kinder stets Willkommen waren, Mitspracherecht hatten und sich geborgen fühlten. Außerdem lernten die Kinder, sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen. Es ist toll, dass die Kinder auf dem Bauernhof kennenlernen können, wie der Alltag anderer Menschen aussieht, denn sie selbst wachsen mit ganz anderen Aufgaben auf und bekommen nicht immer die Gelegenheit, einem anderen Alltag zu begegnen. Mit der Zeit wurden sie immer geduldiger im Umgang mit den Tieren. Sie waren stolz darauf, auf den Hof kommen zu dürfen und haben sich als ein Teil dessen gefühlt.
Wir möchten uns herzlich auch im Namen der Kinder bei der Tier-hilft-Mensch Stiftung bedanken. Wir freuen uns auf viele weitere gemeinsame Jahre und freuen uns, dass wir zueinander gefunden haben.